nucleus-magazin

Samstag, 23. Februar 2013

ICH bin so jung. Ich möchte jedem Klange,
der mir vorüberrauscht, mich schaudernd schenken,
und willig in des Windes liebem Zwange,
wie Windendes über dem Gartengange,
will meine Sehnsucht ihre Ranken schwenken,

Und jeder Rüstung bar will ich mich brüsten,
solang ich fühle, wie die Brust sich breitet,
Denn es ist Zeit, sich reisig auszurüsten,
wenn aus der frühen Kühle dieser Küsten
der Tag mich in die Binnenlande leitet.

aus: Rainer Maria Rilke, Frühe Gedichte, o. T.

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Im Altern begriffen
und erfahrungssatt - was bleibt für die Sehnsucht nach lebendigem Leben außer die Sehnsucht?

Die Poesie und das Schreiben über das ungelebte Mögliche vielleicht.

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Was in der Jugend rankte, wird im Alter, dem Rilkeschen Bilde folgend, welken. Werden und Vergehen. Vanitas für die niemals Satten, doch natürlicher Rhythmus für die in der Zeit Lebenden.

Was bist nun Du? Erfahrungssatt oder sehnsüchtig?

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Beides zugleich.
Satt an Verlusterfahrungen.

Sehnsucht, geliebt zu werden.

Und dies bezieht sich auf mein ganzes Leben.

Seit 19h an einem heißen Tag im August.

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geliebt werden
und lieben.

Praktischerweise spiegelnd.

Das Gedicht fand sich, als ich gerade nicht besonders glücklich gestimmt war.

Vanitas. Ja.

Betrifft, glaube ich, jeden.

Niemals satt....das wiederum glaube ich nicht.

Weißt Du noch, worüber wir sprachen?

Ich sagte Dir, dass die empfundene Liebe sich genau so anfühlt, in der Zeit lebend, dass sie sich richtig anfühlt, lebendig und glücklich.

Aber sie wird nicht benötigt, sie verschwendet sich und dabei mich - Vanitas von allem, was in mir angelegt ist und mich ausmacht.

Ich verhungere vor lauter Sattsein.

Das lyrische Ich in diesem Gedicht ist noch jung und biegsam, der Wind zerzaust es vielleicht ein wenig, aber er kann ihm nichts anhaben. Es sucht geradezu die fremden Orkane, die es forttragen und verpflanzen.
Jung sein ist, die Zeit zu haben, sie sich zu nehmen.
Ich habe mich nie zu Dingen gedrängt, zu denen ich nicht bereit gewesen wäre. Manche kamen aber einfach und nahmen mich mit.

In der Zeit leben, hieße Dauertrauern.
Bis es durchgestanden ist.
Das ist nicht zu machen.
Auch wenn es das Zurücklassen vielleicht verschnellern würde.
Es hieße: aussteigen aus Allem.
Auf Zeit sicher, aber die Folgen?
Verheulte Visage, Depressionen, Suizid-versuch?

Es ist so schon genug Salzwasser geflossen, zwischendurch und unvermittelt und länger und kürzer, aber es nützt nix.

Ich wünschte, ich könnte zumindest irgendwie die Alpträume vermeiden - was ich tagsüber nicht weg-denke, kommt des Nachts zurück und das Erkennen des Nichtverarbeiteten verzweifelt mich mit seiner ganzen Unvermeidbarkeit.

Jeder einseitig liebende Tag ist ein Tag weniger in meinem Leben, den ich mit einer gelebten Liebe verbringen könnte.

Ich verzweifele an der letztendlichen Nichtbeeinflussbarkeit.

Die Macht der Liebe ist nicht nur positiv erfahrbar.

Wenn der geliebte Mensch noch wenigstens etwas von dieser Liebe hätte, wirklich für sich davon profitieren könnte, wäre es mir um keinen Tag schade, den ich diesen Menschen geliebt habe.

Aber so?

Sauer ist die Frucht des Aufgebens
das Innerste meines Zweifels
Entmachtet sind die Venen die Du infizierst
mit oder ohne

Saaten entwurzelter Chance
sind die Körner des Abschieds
wehende Zweige tanzen so langsam
und fragen warum

Der Boden von dem wir uns fortbewegen
nährt so seltsam diese Zeit


Ausschnitte aus: k.d. lang, season of hollow soul

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