nucleus-magazin

Montag, 8. Oktober 2012

Liebe ist eine Entführerin.
Sie nähert sich unbemerkt, greift blitzschnell zu und läuft mit dem Entführten auf dem Arm davon.
In weiten Schritten eilt sie ihrer Heimat zu.
Man findet keine Zeit, sich zu verabschieden, von Vertrautem und Vertrauten, auch ein letzter Blick verwischt im Tempo des schnellen Laufs.
Furcht steigt auf.
Wohin nur und wieso?
Kein Proviant dabei, nichts als das, was man gerade trägt, man versucht zu rufen:
Halt an! Doch der Ruf verhallt wie in einem schlechten Traum.

Die Stadt, das Dorf, nur noch Kontur im Hintergrund.
Felder, Wiesen, Wälder durchquert sie, Tag und Nacht ist sie unterwegs und legt niemals eine Pause ein.
So schön die Welt, so ungenießbar von dort oben, nur ein Hauch von Geruch, der Lauf zu schnell, um sich noch einlassen zu können.
Auf dem Arm so warm, drumherum nachtkalt.
Sonne sengt, der Arm bedrängt.
Regen nässt, wie ein nasser Hund auf dem Arm der Liebe.
Und weiter immer weiter.
Das Fragen nach dem Warum nun abgelöst von Erschöpfung.

Halb bewusstlos trägt sie den Entführten durch neue Länder.
Lebensgeister, wo seid ihr?
Widerspruchsgeister, erwacht!
Und wieder ruft man sie an:
Halt doch an, lass doch verweilen!
Und wenn nicht, dann lass mich los!
Dein Weg nicht meiner, Dein Ziel zu weit, zu vage, zu viel.

Doch die Liebe ist taub.
Stocktaub.
Sie hört nicht zu und hört nicht auf.

Die Augen nun gewöhnt an den schnellen Lauf, Gelegenheit, die Liebe zu betrachten.
Nichts zu sehen, außer Schemen.
Beine, lange lange Beine
Arme, lange lange Arme und
ein Kopf ohne Augen
und Ohren.

Blind ist sie auch.
Woher weiß sie, wo sie hinwill?
Flehen um Hilfe.

Aber es gibt keine Hilfe.
Niemand kommt an sie heran.
Keiner kann Schritt halten.
Alle bleiben zurück.

Sie ist gnadenlos
und kennt kein Mitleid
denn sie hat auch kein Herz.

Sie ist nicht schön, wenn man allein mit ihr ist.

Ausgeliefert.

Stille.

Nebel von Resignation umhüllen die entführte Figur.
Die Hände vor die Augen, denn Sehen bringt nichts mehr, der Mund geschlossen, denn Sprache verhallt, die Ohren, nein, sie hören, sie hören das Atmen der Liebe, das Stöhnen der riesigen Entführerin, so atemlos von Lauf und Dauer.

Sterben.

Jetzt auf dem Arm.
Dann ist alles vorbei.
Man fällt auf die Erde.
Und Regen und Wind und Sonne werden kommen und werden den Herabgefallenen bedecken.
Und die Jahreszeiten werden kommen und schweigend sich herabbeugen.

Doch der Entführte lebt. die Liebe nähert sich ihrem Land und
- überschreitet die Grenze.
Unsanft landet er.
Er will zurück, doch er kennt weder Weg, noch ist er gerüstet.

Noch einmal regt sich der Widerstand, doch alles wird hier verwandelt.
Zorn wird zu Sanftmut.
Ärger verfliegt in kleinen Wolken, die sich alsbald auflösen.
Rache sticht den Entführten selbst ins Herz.

Er setzt sich.

Und wartet.

Dass alles unter ihm vergeht, aber umso undurchlässiger wird der Boden.

Und wenn sie vergeht, vergehe ich mit ihr,
fragt er sich so verängstigt.

Tränen fließen und doch entsteht nichts.

Salziges Wasser.

Totenstille.

Gefängnis ohne Mauern.

Aufkeimende Hoffnung.

Vielleicht wird er bereits gesucht und gerettet?

Er wird nicht suchen, er würde sich nur wieder und wieder verlaufen.





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Ist Liebe eine Naturgewalt? Oder doch ein absichtsvolles Wesen?

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Sie ist beides.
Naturgewalt, denn sie ist mächtiger als Verstand und Wille.
Absichtsvolles Wesen ist sie auch, denn sie kennt nur ein Ziel: Erfüllung.

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Erfüllung? Könnte sollte müsste sie dann nicht etwas zielgerichteter vorgehen?

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Tut sie doch
Sobald man liebt, ist ihr Ziel erreicht. Wen oder was, ob es dazu einen oder mehrere Menschen oder ganz anderes braucht - Liebe ist, wenn Liebe ist.

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Und man kann es sehen
Wenn ein Mensch liebt, dann passiert etwas mit dem Geliebten.
Sei dies auch Hund, Haus, Beruf, Stadt, -
Liebe ist ausgerichtet auf - das heisst, die Wahrnehmung für das Geliebte ist geschärft, Energie, Ideen, Aufmerksamkeit, Zeit und Zuneigung etc. fließen dorthin.
Aktiv geliebten Dingen und Wesen und Menschen merkt man es an. Sie sind seelisch gepflegt und strahlen das auch aus.
Ungeliebtes ver- und umströmt immer eine Atmosphäre von Verlassenheit.

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Zu einseitig gelebter Liebe
Einseitig gelebte Liebe ist wie eine riesige Wolke, die immer dichter wird, je länger das Lieben andauert.
Irgendwann hat man das Gefühl, daran zu ersticken.
Die Befreiung daraus schreckt und lockt zugleich.
Wird man der zu erwartenden frischen Luft standhalten?

In der Zwischenzeit hat man einiges über sich gelernt.
Einseitig gelebte Liebe spiegelt sich immer schon am fehlenden Echo, an der Wand vor einem.
Da sieht man sich dann stehen.
Mit all seinen Bedürfnissen und Wünschen und Fantasien und Ängsten und Hoffnungen und Alpträumen und dem ganzen Kram, der einen so ausmacht.

In einseitig gelebter Liebe sieht man vor allem sich selbst.
Eigene Grenzen und offensichtliche Grenzenlosigkeit, Kraft und Energie und absolute Verzweiflung und Resignation - diese Liebe kommt vor allem einem selbst zugute.

Einseitig gelebte Liebe ist Selbsterkenntnis.

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Letzte Aktualisierung: 2014.07.26, 12:50
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