nucleus-magazin

Freitag, 28. September 2012

Vor einigen Wochen bekam ich zu meinem 39. Geburtstag ein Buch mit dem Titel "Sorge Dich nicht - lebe!" geschenkt.
Die Person, die mir das Buch schenkte, schrieb mir in ein beiliegendes Kärtchen, dass es das Standardwerk in ihrer Familie sei. Wir sind zwar nicht eng befreundet und von ihrer Familie kenne ich auch niemanden so wirklich, wenn man von Begrüßungen mal absieht -
Und trotzdem, so scheint es mir zumindest, findet man bei ihr und ihrer Familie diesen Geist positiver Lebenseinstellung.

Erstaunlich nachahmenswert.

Nun soll man dieses Buch ja nur abschnittsweise lesen und dann das Umsetzbare umsetzen - heute gefiel mir ein Spruch daraus ganz besonders: Denke und danke.

Es ging um Dankbarkeit, die uns erwiesen wird - oder auch nicht und vor allem unsere eigene Dankbarkeit dem Leben gegenüber.

Zu Ersterem kann ich nicht viel beisteuern - das, was ich für jemanden tue, tue ich, weil ich es tun möchte oder auch will und erwarte dann keine Dankbarkeit dafür.
Ich habe auch kein Problem damit, mich zu bedanken.

Bei der Dankbarkeit dem eigenen Leben gegenüber, sieht das schon schwieriger aus.

Ich hadere oft mit meinem Schicksal, dieser Blog ist ein beredtes Zeugnis davon.

Warum tue ich das eigentlich?

Ich bin in der Regel sehr beschäftigt, irgendwo zwischen produktiver und kontemplativer Muße unterwegs und nach Möglichkeit nichts auslassend, von dem ich meine, dass es schön ist und mir Freude bringt. Ich sitze also nicht herum und grüble vor mich hin. Außerdem versuche ich, Dinge zu tun, die mir sinnvoll erscheinen....es ist also im Großen und Ganzen ein erfülltes Leben, das ich lebe.

Woher also diese Unzufriedenheit? Ist es eigentlich Unzufriedenheit?

Von Hause aus habe ich eine Neigung zu sanfter Melancholie und Sehnsucht. In Russland angekommen, fühlte ich mich dort sogleich heimisch, der westdeutschen Spaßgesellschaft der 90er Jahre mit ihren endlosen Urlaubs- und Freizeitverbringungsgeschichten konnte ich so gar nichts abgewinnen. Dort fand ich viele Gleichgesinnte, ebenso Kunstinfizierte und vielfältige Ausdrucksweisen von Melancholia, Poesie und Musik, immanent mit der Sehnsucht nach etwas verbunden, für das man keine Worte hat.

Wenn ich darüber nachdenke, ist es vielleicht die Sehnsucht nach einer Art universeller Harmonie mit dem Sein und den Wesen und der Zeit.

But I don't know.

Im Übrigen bin ich - eigentlich - ein sehr fröhlicher Mensch. Jede Gelegenheit zum Lächeln oder Lachen nutzend. Eigentlich ist aber nun mal eine Einschränkung:

Oft ist mir nicht nach Lachen zumute.
Es sind nicht nur die persönlichen Widrigkeiten, die objektiv betrachtet, meist tatsächlich widrig sind, sondern es kommt noch etwas hinzu, unter dem ich leide - es ist der Weltschmerz.

Der Schmerz am kleinen und großen Unglück in der Welt - am eigenen und am fremden.

Meine Einstellung zum Leben hat sich sehr früh entwickelt. Nicht nur die schwierige Beziehung zu meiner Mutter trug dazu bei, sondern auch die sich gleichzeitig vollziehende Menschenbildung durch Bücher und - die Kirche. Das, was dort gepredigt wurde, das, was andere durch gutes Verhalten vorlebten, sollte auch mir für immer zum Maßstab sein, - weise wollte ich auch noch werden. Das gab ich sogar als Berufswunsch in Kinderreinschreibbüchern an.

Schöne Ideale.

Natürlich reicht man da nie heran.
Sicher auch ein nicht zu unterschätzender Faktor im Unzufriedenheitsdschungel.

Mutter Teresa hat auch mit sich und Gott gehadert, das hat man mittlerweile aus Aufzeichnungen erfahren.
Sie und noch ein paar andere waren natürlich ein Vorbild, von dem ich aber schon damals wusste, ihm zumindest in einer Sache nicht so ganz nacheifern zu können - ich war und bin nicht tropen-, wüsten und extremwettertauglich.

Aber mal abgesehen davon helfe ich tatsächlich dort, wo ich helfen kann. Das ist nicht spektakulär, macht aber meistens zumindest eine Person glücklich, mich.

Neulich schrieb ich einen Brief an oben Genannte, sinnierte über meinen Muttertierkümmerreflex und sie bestätigte ihn für sich. Schön, dass man auch mal auf Gleichgesinnte trifft.

Ein Punkt gegen das innere Nörgeln.

Allem und jedem um mich herum soll es also gut gehen. Das fängt ganz klein bei den Dingen an und endet - nie.
Die Menschen sollen etwas Positives davon haben, dass sie mich kennen, mein Wissen, meine Ideen, meine Zeit aber auch Liebe und Zuneigung gebe ich gerne weiter, ich versuche, Potentiale zu erkennen, zu fördern und dann - loszulassen.

Nicht einfach, denn viele - auch einige meiner Schüler und Schülerinnen wachsen mir über die Monate ans Herz - bleiben nur auf Zeit.

Das ist, glaube ich, der Punkt mit dem ich am meisten hadere - der Verlust von Menschen in meinem Leben.

Diesen Verlust kann ich kaum ertragen.

Einmal, weil die Liebgewonnen mir dann naturgemäß fehlen, aber auch, weil ich innerlich nach Beständigem suche. Eine Suche nach einem oder auch mehreren Menschen, die, aller Voraussicht zumindest nach, bleiben.

Ich wollte nie heiraten, das schien mir kein Garant für das, was ich suchte, es wirkte eher bedrohlich.
Aber ich wollte und will in einem Kreis von Menschen und einer Lebensumwelt, die ich als mir zugehörig bezeichnen kann, leben.

In vielem ist es mir wohl auch gelungen, trotz aller eigenen Unkenrufe. Ich habe ein relativ stabiles soziales Umfeld, verlässliche Freunde, aber zwei Dinge habe ich nicht - eine Familie und eine Partnerschaft im klassischen Sinne.

Wieviel Klassik braucht der Mensch, brauche ich?

Die Familie ist so, wie sie ist.
Punkt.
Daran vermochte und vermag ich nichts zu ändern.

Stattdessen wollte ich selber eine Familie gründen, - unbewusst, gereichte es zu einer Schwangerschaft und einer mehrjährigen Beziehung zum Kindesvater.
Aber damit wurde ich nicht heimisch, war das fünfte Rad an einem Wagen voll anderer Interessen und scheinbarer Verpflichtungen.

Ich wurde keine Hausfrau, die über selbstopfernde Fähigkeiten verfügt.

Ich kündigte meine eigene Familie.

Ich würde es heute genauso machen.
Aber trotzdem hadere ich damit und komme nur schlecht damit klar, meinem einzigen Kind keinerlei Familie an die Seite gestellt zu haben.

Ich befürchte, es ist ein unlösbares Dilemma.
Weltschmerz.

Und
Partnerschaften.

Meinen ersten Freund hatte ich mit 13, dann zwei Kurzepisoden mit 15 und 16. Die darauf folgenden, klassischen, Beziehungen habe ich alle beendet. Ausnahmslos. Unbenommen meiner sonstigen Anhänglichkeit habe ich immer alle Beziehungen beendet, sobald ich merkte, dass es keine Liebesbeziehungen (mehr) waren.

Immer die "Falschen" ausgesucht?
Eigene Selbst"schuld" also.
Kein Grund zum Traurigsein.

Allen Beziehungen ist aber noch etwas gemeinsam: ich habe durch sie viel gelernt und bin dankbar für:

Die erste machte mich mit Jazz bekannt, die zweite zeigte mir, wie man im Haushalt klarkommt, die dritte schärfte meine intellektuellen Fähigkeiten, die vierte bewies, dass auch fehlende Schulbildung kein Hindernis ist, die fünfte brachte mir das Kochen bei, die sechste hilft mir heute noch und die siebte ist das, was ich als echte Freundschaft empfinde. Außerdem ist der Kontakt zu den Menschen aus diesen Beziehungen größtenteils nicht abgebrochen.

Warum also diese Tränen über das Fehlen von etwas, wenn ich von so vielem weiß, was mir geschenkt wurde und wird?

Was fehlt mir also w i r k l i c h ?

Diese Frage gilt es ganz sorgfältig zu erforschen, soll es nicht zu einem Debakel werden,- nicht dass man plötzlich das bekommt, was man sich vermeintlich wünscht und dann kann man doch nichts damit anfangen.

Ich werde eine Liste machen, alles eintragen, was mir einfällt und das, was ich, sagen wir mal, in einem halben Jahr noch genau so begehre, darf fortan als Wunsch und Ziel gelten.

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Weisheit ist ...

... nicht etwa alles zu wissen, oder alles zu können, furchtlos oder gar, immer perfekt zu sein. Nein, davon sind die wirklich weisen Menschen genauso weit entfernt, wie jeder andere. Auch Tropentauglichkeit spielt übrigens keine Rolle.

Ihre Weisheit besteht vielmehr in ihrer Offenheit mit sich selbst und dem Anerkennen und Annehmen ihrer Unvollkommenheit, desweiteren ihrer Reflektion, ihrer unablässigen "Arbeit" an sich und mit der Welt, ihrer Einheit aus Wille und Tat, dabei auch ihrer Fähigkeit, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Außerdem in ihrer Gelassenheit und ihrer Bereitschaft sich zu "schenken". Und in ihrer Dankbarkeit.

Weisheit - ein Ziel für jedermensch. Vielleicht das Menschenziel an sich.

Klingt doch, als seist Du auf dem besten Wege.

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