nucleus-magazin

Montag, 28. Mai 2012

Unterwegs in der Stadt oder im Geschäft gucke ich mir gerne Leute an. Was sie so tragen, wie das wirkt und was sie wohl damit aussagen möchten.
In der Warteschlange an der Kasse hat man ja viel Zeit zum Gucken und abgesehen vom Zuschauen beim mehr oder weniger reibungslosen Ablauf, kann man ja die Ware betrachten, die so auf dem Fließband liegt.
Es sind Warenfamilien, die da aufgereiht nebeneinaner liegen: das Weizentoastbrot mit Fanta und Chipstüte, die Bierflasche neben Steakpackung und Zigarettenschachtel oder der Salatkopf neben Balsamico.
Guckt man dann auf Figur und Gesicht, stellt man nicht selten Analogien zwischen Fließband- und Körperoberfläche fest - bei Kindern steht er auch schon mal öfter im Gesicht geschrieben, der Zucker und seine schönsten Blüten auf Wangen und Kinn. Klar gibt es Neurodermitis, besser wird sie durch Zucker jedenfalls nicht - das weiß ich aus eigener Haut - Erfahrung.

Ich frage mich manchmal, ob die Zeitgenossen, die ihre Zellen ausschließlich mit Junk- und Fastfood ernähren, auch so lange leben werden, wie die heutigen alten Menschen, die ihren täglichen Speiseplan zwischen Gemüse, Obst, Kartoffeln, Fleisch und Milchprodukten sowie der sonntäglichen Kuchentorte seit Jahrzehnten eingerichtet haben.- Ich nehme mal an, nicht. Nun interessiert oder beunruhigt mich eine reine Lebenserwartungsstatistik nicht so sehr wie ein konkretes Schicksal.

Einem meiner Schulkinder, Junge, 5. Klasse, wird in letzter Zeit immer häufiger schwindelig.
Nachdem ich so einiges hörte von Schwindel beim Filmgucken, beim Einkaufen und in der Schule, fragte ich mal nach.
"Wieviel trinkst Du denn am Tag so?"
"Vielleicht insgesamt drei Gläser - Sprite, Malzbier, Cola oder Wasser."
"Aha. Versuch mal mehr zu trinken, vor allem Wasser. Dein Körper besteht hauptsächlich aus Wasser."

Eine Woche später.

"Wie geht es Dir denn jetzt?"
"Schon besser, ich trinke jetzt mindestens ein Glas mehr."
"Ok, ist ja schon mal ein Anfang. Wie sieht es denn beim Essen aus, was frühstückst Du so und was gibt es mittags in der Schule?"
"Ich frühstücke nicht, nur am Wochenende und esse kein Mittag in der Schule, erst wenn Mama abends nach Hause kommt und kocht, esse ich was. Nur freitags esse ich die Pizza in der Schule."
Pause.
"Wie bitte? Mach mal mir mal bitte einen Plan von dem, was Du in einer Woche isst."

Gesagt getan.
Freitag legte er mir dann den Wochen - Zettel vor:

1 Pizzabaguette
1 große Pizza
1/2 Pizza
mehrere Pizzabrötchen
1 Pudding
1 Portion Reis ohne alles
1 Apfel.

Es ist ein Kind deren Eltern in der Hauptsache durch Abwesenheit glänzen.
Ich habe vor einiger Zeit schon einmal versucht, das Gespräch auf die seltsame Mattigkeit und Blässe des Kindes zu bringen - ohne großen Erfolg.
Ob mein Gespräch mit dem andern Elternteil nun etwas bewirken wird, bleibt abzuwarten.

Als mein Kind schulpflichtig wurde, fragte man mich bei der Einschulungsuntersuchung, ob ich kochen könnte und wie oft ich dies in der Woche täte.
Eine seltsame Frage, sollte sie doch wohl zeigen, ob es auch etwas anderes als Mikrowellenzauber gibt.

Was meine persönliche Kochkarriere betrifft - kochen habe ich erst gelernt, als ich allein erziehend wurde. Vorher kochte der Kindesvater oder die Schwiegeruroma. Als ich hier alleine lebte, hatte ich Tütensuppen, Tütennudeln, Baguette, Pizza, Fertigauflauf und zwischendurch Apfel und Banane im Angebot........
Jetzt kann ich so ziemlich alles auf den Tisch stellen, außer Gans und Wildschwein, aber wenn ich wollte, würde das bestimmt auch gehen.
Vor einigen Jahren entdeckte ich den Begriff Slow Food für mich - das ist so meins, aber natürlich nicht immer kompatibel mit dem Berufstätigsein, - ab und zu dürfen dann auch mal Backwaren aushelfen - momentan habe ich ein Faible für türkische Sesamringe entwickelt. Die habe ich auf einem Konzert irgendwann letzten Winter kennengelernt und finde sie ziemlich unwiderstehlich, will sagen Genuss ist auch wichtig.

Fazit:
Es müsste dringend so etwas wie verpflichtende Ernährungslehre mit aktiver Kochstunde an jeder Schule, am besten schon im Kindergarten eingerichtet werden.
Die Häppchen aus geschnittenem Obst und Gemüse sind zwar schon ein sehr guter Anfang, aber das Leben besteht eben nicht nur aus Rohkost. Und wer das Mensaessen in der Schule nicht mag und - je nach Bezugsquelle kann das tatsächlich auch ziemlich unschmackhaft sein, greift zuhause sowieso wieder auf Altbekanntes zurück.

Da müsste sich demnächst auf jeden Fall mal was ändern - ich werde mich mal schlau machen, wie das in die Tat umgesetzt werden könnte.

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Letzte Aktualisierung: 2014.07.26, 12:50
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