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"Der Brief - eine aussterbende Gattung?" hieß ein Seminar, das ich einst belegte.
Damals schrieb und erhielt ich noch regelmäßig Briefe per Post. Schon um dem zu erwartenden Aussterben im aufkommenden Zeitalter elektronischer Kommunikation etwas entgegenzusetzen.

Briefe schreiben.

Als Kind als mehr oder weniger erzwungene Dankbarkeitsübung an Verwandte nach Geburtstagen, Weihnachten oder Kommunion.
Als Jugendliche plötzlich einzige Mitteilungsmöglichkeit angesichts von endlosem Hausarrest.

Irgendwann ging es dann richtig los mit Schreiben. Telefonieren mit dem Ausland war damals noch richtig teuer.
Die englische Bekannte, die ich in einem Zug nach London kennenlernte, der ältere Freund meiner Gastfamilie, viele Briefmarken mit dem Queen - Konterfei ....
Dann, nach dem ersten Russlandaufenthalt, um mit den neuen Freundschaften weiter in Kontakt zu bleiben, Dank meinen Klassenkameradinnen, die die Briefe hin- und her übersetzten. Und was hatten die jungen Russen und Russinnen für schöne Handschriften! Ich konnte es nicht lesen, aber die Briefe waren eine echte Augenweide.
Viele dieser Briefe habe ich in einer kleinen russischen Truhe auf vier Füßen aufbewahrt.

Irgendwann lernte ich dann Nina kennen. Sie war 52 Jahre älter als ich und wir freundeten uns an, blieben all die Jahre per Sie. Zehn Jahre lang schrieben wir uns Briefe, bis sie 2006 verstarb.

Ihre Briefe habe ich überall in meinen Schubladen.
Am Ende jeden Briefes schrieb sie, dass sie für mich und mein Kind betete und uns auf das Herzlichste umarme.

Sie war die letzte mit der ich noch per Post Briefe schrieb.

Jetzt sah ich etwas, an dem ich nicht vorbeigehen wollte.
Eine schöne Schachtel mit Briefpapier im Jugendstil. Das Design von Alfons Mucha.

Ob es noch mal genutzt werden wird?

Momentan freue ich mich an der Schachtel und ihrem Inhalt.