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Ich mochte die Geschichte nicht. Nie.
Damals als Kind nicht, weil ich mir ausmalte, dass der verschüttete Bruder doch angefressen würde. Und heute nicht, weil ich trotz sonst eindeutiger Haltung in diesem Fall unschlüssig geworden bin, ob der Mann nicht doch das Richtige getan hat, indem er den Jungen, ein Kind, ablenkte und zu Neuem hinführte. Eine gute Geschichte also.

Lügen - Überbrücker mit begrenztem Haltbarkeitsdatum.

Angenommen, der Junge erfährt früher oder später davon, dass der alte Mann ihn angelogen hat - kann er damit leben, dass er seinen Bruder im Stich gelassen hat?

Lügen sind für mich keine Option mehr. Als Kind und Jugendliche, auch junge Erwachsene, habe ich sie noch oft im Repertoire gehabt.
Hauptsächlich im Umgang mit Eltern und Lehrern.
Zu Lügen kostete keine große Überwindung. Irgendwer stellte Regeln auf, die missfielen, an irgendetwas hatte man sich nicht gehalten, mit irgendwem wollte man keinen Stress - lügen ließ den Weg durchs Leben leichter erscheinen.

Irgendwann beschloss ich, nicht mehr zu lügen. Meinem heranwachsenden Kind wollte ich nichts "predigen", was ich selber nicht gedachte, einzuhalten.

Nicht zu lügen, sondern das zu sagen, was Sache ist, ist anstrengend. In dem Moment, der der Äußerung folgt, bangt man jedes Mal um die Reaktion, auch wenn man zur Sache steht.

Hinterher folgt dann aber oft eine beachtliche Klarheit. Man ist mit sich selber im Reinen und weiß seinen Gegenüber nun einzuschätzen. Außerdem gibt es keine Altlasten oder Leichen im Keller, vor denen man sich fürchten müsste.

Nicht zu lügen ist und macht manches kurzzeitig schwer, aber mit einer Lüge muss man leben. Dauerhaft.


http://de.wikipedia.org/wiki/Nachts_schlafen_die_Ratten_doch