nucleus-magazin

Montag, 13. Februar 2012

So ein papierenes Buch verfügt auch in Zeiten des Kindles noch über Eigenschaften, die es in Gegensatz zu jenem noch zu einem Gegenstand machen, der zu leben scheint und der sich erleben lässt.
Ein Kindle ist ein Kindle, das Format identisch, die Farbe meist schwarz. Praktisch und nützlich für den passionierten Vielleser im öffentlichen Nahverkehr.

Das Buch hingegen - wenn es nicht gerade als Aufsteller in Regal oder Schaufenster schon mit seinem mehr oder weniger aufwendig gestalteten Titel glänzen kann, versteckt sich erst hinter seinem Rücken.

Der eine Verlag beginnt mit der Schrift unten links, der andere oben links. Nebeneinander im Buchregal sorgt das Buch so schon für die ersten aktiven Momente seiner Rezeption.

Dann geht die Auswahl in die erste Runde.

Spricht mich der Titel an - wie viele Bücher werden wohl trotz prima Inhalts links liegen gelassen, weil die Wahl des Titels nicht gelungen ist? Ist die Schrift auf dem Buchrücken golden geprägt, sieht es nach Fantasy aus - dann kommen wir wohl nicht zusammen. Einfache Wahl soweit.

Ist es ein Taschenbuch oder Hardcover - nicht nur aus finanziellen Gründen bevorzuge ich ersteres, die Sperrigkeit eines Hardcovers macht aus einem kleineren Buch gleich einen schwereren Quader.

Habe ich mich nun entschieden, ein Buch aus dem Regal zu ziehen und habe ich es in der Hand, so sollte sich der Einband angenehm anfühlen. So weich und folienartig labberig spricht mich schon wieder nicht an, da muss der Inhalt dann schon sofort überzeugen.

Am liebsten mag ich übrigens die aktuellen dtv Büchereinbände. Suhrkamp hingegen mit seinem rauhen Gelehrtencharmeeinband kommt ganz schlecht bei mir an.

Aber zurück zur ersten haptischen Begegnung:

Das Buch in meinen Händen. Unweigerlich wird es einen Geruch verströmen, der nach neuem Buch riecht.
Nach neuem Buch zu riechen, verlockt zum Lesen - es scheint, man entdecke als erster eine neue Welt, ganz für sich allein. Ich bin nicht unbedingt ein Freund antiquarischer Bücher, nur wenn es nicht mehr anders zu erwerben ist, mag ich mich damit abfinden, dass es nicht druckfrisch auf meinem Tisch ist.

Beim Blättern nun kommt es zu der nach dem Inhalt zweitwichtigsten Frage des Bucherwerbs - gefällt mir das Papier?!!
Es mag nebensächlich und spleenig erscheinen, aber ich mag keine Bücher mit holzig-faserigem Papier.
Schon als Kind mochte ich kein Zeichenpapier, das gelblich vor sich hinholzte und den Filzstift zum Auslaufen und Kratzen brachte. Das etwas später aufkommende graue Umweltschreibpapier war ebenso gruselig. Ich habe davon noch ein paar Blätter auf Blöcken - da hat sich doch einiges getan in umweltschonendem Papierrecycling.

Wenn also das Papier "stimmt" - und dies den Preis nicht unnötig in die Höhe treibt-, dann switchen die Augen über die Seiten. Meist nie die erste und niemals die letzten Seiten. Zwischendrin muss gut sein, fesseln.

Noch mal durchblättern, andere Seiten im Zufallsprinzip. Selten lese ich dann mehr als 5 - 10 Zeilen. Wer gut schreiben kann, schafft das auch in einem Satz.
Ungern lese ich die Rückseite mit der Inhaltsangabe, es sei denn, ich möchte das Buch verschenken.
Entweder wird schon viel zu viel erzählt oder - zu wenig wirklich bestechendes.

Ist es soweit und Inhalt und Form des Buches sprechen mich an, lege ich es auf den Kassentisch. Dort betrachte ich es schon einmal stolz und erwartungsvoll. Es wird jetzt meins sein. Ab in die Tasche und nach Hause damit.

Nun darf es sich einen schönen Platz aussuchen, heisst, es darf demonstrativ herumliegen. Lies mich.
Schon mal ein bißchen anfangen. Ach nein, doch richtig gemütlich im Schaukelstuhl. Dafür muss aber doch erstmal Muße sein. Ein wenig Zelebrieren zum Vorfreudesteigern.

Anfassen. Aufklappen. Augen, Buchstaben, Worte, los!

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Bibliophilie - eine Kulturform. Einerseits.

Andererseits denke ich sehr gern an ein unauffällig fabriziertes, auf ziemlich usseligem, schlecht riechendem Papier gedrucktes DDR-Kinderbuch zurück, "Mein Vater Alfons" von Günter Ebert, das mir einige wunderbare Stunden bereitete.

Als einer, der ein Designstudium letzten Endes doch nicht zuende gemacht hat, sage ich heute: Erscheinung ist schön, aber allein nicht wesentlich. Es geht immer nur um Inhalte.

Oder mit den Worten eines der memorisierenden Literatur-Bewahrer am Ende von Ray Bradburys "Farenheit 451":
"Beurteile ein Buch nie nach seinem Umschlag."

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Buchum - schlag
Beurteile ich wirklich das Buch nach dem Umschlag?
Ich meinte eher die Verführungskraft oder den Verführungsgrad eines Buches, dessen Inhalt ich noch nicht kenne.

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